Mittwoch, 10. Dezember 2008

Die Neue Welt -1-

Abendstimmung. Hämatit. Übergang ins Neue Licht.

Äonen lang haben wir gewartet auf diese Zeit. Nun werden wir hinüber schreiten, ganz lässig, voll bewusst und mit Frieden und Freude im Herzen. Wohin wir uns begeben? In die Neue Welt, so ganz genau wissen wir es auch noch nicht. Immer wieder haben sich schon Menschen aufgemacht, um die Neue Welt zu entdecken. Wir haben die Überfahrt erlebt mit all ihren Herausforderungen und in ihrer ganzer Schönheit, kennen Flaute und Orkan, Sonnenhitze und Dauerregen.

Jetzt setzen wir den Fuß auf das wirklich neue Land, mutig und gespannt, voll Freude und Erwartung. Wie wird es sich wohl anfühlen? Hm, es scheint nicht so fest zu sein, dieses Land, diese Erde, auf die wir treten. Sie gibt ein wenig nach, schwingt mit. Das ist angenehm, nur ein bisschen ungewohnt, vergleichbar vielleicht mit dem Gehen auf einer Fläche sehr weichen Mooses im Wald.

Eine ganze Gruppe sind wir, die wir hier gemeinsam Neuland betreten. Federnden Schrittes gehen wir langsam vom Ufer aus, wo wir angelegt haben, ein Stück weit ins Land hinein. Es gibt Land und Himmel. Es gibt Pflanzen, Bäume, Gras, Blumen und die Sonne. Doch alles scheint hier ein bisschen zu vibrieren, in Bewegung zu sein und zu schimmern. Fast wird mir ein wenig schwindlig. Wenn wir uns gegenseitig betrachten, so nehmen wir uns anders wahr als zuvor. Unsere Umrisse sind nicht so deutlich zu sehen, scheinen nicht genau definiert zu sein. Von jedem von uns – und allem, was es hier gibt – scheint eine Art Leuchten auszugehen und wir sind - wie alles, was wir um uns herum sehen - irgendwie ganz leicht in Bewegung, nicht so hundertprozentig fest, wie wir das kennen.

Wenn ich schneller gehe, fühlt es sich fast an, als würde ich einige Schritte in der Luft tun, mich ein paar Millimeter über dem Erdboden bewegen. Ist das überhaupt der Erdboden? Oh ja, bestimmt. Aber diese Erde hier ist ein klein wenig anders, scheinbar. Bewegung ist in der Luft und in allen Dingen. Alles, was sicht- und fühlbar ist, auch unsere Körper, fließen ein bisschen. Ich kann alles anfassen, den Baum mit seiner Rinde und den Felsen. Der Stein ist hart und doch scheint er ein klein wenig nachzugeben, wenn ich ihn berühre. Er hat eine feste Oberfläche und trotzdem hab ich das Gefühl, meine Hand würde in den Stein hinein gleiten und irgendwann darin verschwinden, wenn ich nur ein bisschen mehr Druck ausübte. Das ist neu! Erschrocken ziehe ich meine Hand zurück und der Stein lacht. Der Stein lacht? Die anderen haben ähnliche Erlebnisse.

Diese wunderschöne Mitreisende neben mir hat sich gebückt und die Blume dort berührt und die Blume hat sich ihr zugewandt. Nicht besonders groß ist die Pflanze, doch die Blüte ist von einer ganz außerordentlichen Leuchtkraft. Die Farbe changiert, ähnlich wie ich es vom Perlmutt kenne, ist aber in ihrer Farbigkeit sehr kräftig. Diese Farben kann ich gar nicht beschreiben.

Ein großer Vogel kreist ein paar Mal über unseren Köpfen. Sein Ruf bedeutet uns „Willkommen“ und er lässt sich auf der Kuppe gleich da vorne nieder. Das dunkle Gefieder schillert und sieht aus, als würde es vibrieren, wie alles hier. Ungewöhnlich ist auch, wie direkt der Vogel mit uns Kontakt aufnimmt und uns studiert, so hat es den Anschein. Alles hier ist tatsächlich anders, auch wenn sich das erst auf den zweiten Blick offenbart.

Was tun wir jetzt? Diese Expedition ist spannend und doch völlig ohne Gefahr. Wir verständigen uns ohne Worte, direkt über unsere Gedanken, aber ich bin sicher, wir könnten auch sprechen. Unsere Reise in die Neue Welt entfaltet und gestaltet sich mit jedem Schritt neu. Ich fühle mich wie ein Kind in einem Zauberland. Noch hab ich keine Ahnung, wie die Dinge hier funktionieren. Es ist ein wunderschönes Spiel, voll Leichtigkeit und Intensität.

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