Samstag, 27. Dezember 2008

Der Schokoladennikolaus

Da steht dieser kleine Schokoladennikolaus in Stanniol, den mir einen Kollegin geschenkt hat. Ich betrachte ihn. Es scheint mir fast, als wäre er lebendig. Er beginnt, mit mir zu sprechen. „Weißt du, ich bin eigentlich ein Zwerg“. Huch, das überrascht mich jetzt doch sehr, dass dieser Schokoladennikolaus spricht. Und was er sagt... Hm.

Ich schaue ihn weiter an. Ja, er sieht schon wie ein Zwerg aus mit seinem Rauschebart, den längeren Haaren, dem gemütlichen Bauch. Ich will das gar nicht mit dem guten Bischof Nikolaus in Zusammenhang bringen, der die Kinder so liebte. Dass der wirklich so aussah, wie dieses Nikoläuse, die uns heute in der Werbung und als Adventsfigur überall begegnen, glaube ich kaum. Ich nehme an, dass das im Grunde zwei verschiedene Geschichten sind und will mich einmal mit den Nikoläusen beschäftigen, wie sie heute dargestellt werden.

Mein Nikolaus im bunten Papier erzählt mir, dass er als Zwerg die unermesslichen Schätze in der Erde hütet und verwaltet. Überhaupt sind die Zwerge sehr eng mit Mutter Erde verbunden und sind für sie tätig ohne Unterlass. Neben den materiellen Schätzen in der Erde verwalten und pflegen die Zwerge die Schätze des uralten Wissens, das in Zusammenhang steht mit den Kreisläufen und Vorgängen des Werden und Vergehens auf der Erde. Es gibt sie überall und jeder einzelne hat spezielle Aufgaben. Die Zwerge haben häufig keine gute Meinung von uns Menschen, denn sie wissen sehr genau, was wir tun. Wenn wir „brav sind“, oder genauer, wenn wir bewusst und in Achtung und Respekt vor der Natur leben, machen sie uns gerne Geschenke und das ist wohl einer der Punkte, die in den volkstümlichen Geschichten überliefert wurden. Die Zwerge sind sehr weise, arbeiten viel, feiern gern. Ich denke an diese Filme oder die Geschichten von der Weihnachtswerkstatt der Zwerge, stelle mir die nordischen Weihnachtswichtel vor, auch den amerikanischen Santa Claus, der mit einem Rentierschlitten unterwegs ist oder seine Vorlage, das russische Väterchen Frost. Neben der äußerlichen Ähnlichkeit besteht bei ihnen allen ein starker Bezug zur Natur, zu den Elementen. Auch dieses Prinzip des Ausgleichs ist überall zu finden. Bei uns fragt er die Kinder „Warst du auch brav im vergangen Jahr?“; in Amerika werden z. B. Süßigkeiten und Milch als Gegengeschenk für ihn bereit gestellt. Und, sind wir "brav"?

Unsere Erde birgt unvorstellbare Schätze. Und wir dürfen sie nutzen. Doch sie haben auch wichtige Funktionen, die uns nicht bekannt sind und die sie nur erfüllen können, wenn sie genau dort bleiben, wo sie sind. Einige dieser Schätze haben wir so weit ausgebeutet – das Wort trifft es – dass wir damit die Grenzen des Erträglichen überschritten haben. Deshalb ist der bewusste Umgang mit Ressourcen und unser nachhaltiges Wirtschaften und Produzieren hoch an der Zeit. „Ja, das ist gut“, sagt der kleine Nikolaus-Zwerg. „Das sollst du sagen.“ Jeder Lebensraum mit all dem, was sich dort befindet, erfüllt einen wichtigen Zweck, hält essentielle Kreisläufe in Gang und bringt die unglaubliche Vielfalt der Schöpfung zum Ausdruck. Der Nikolaus und die Zwerge möchten uns liebend gern mit den Geschenken der Mutter Erde überhäufen, möchten uns glücklich und lachend sehen, doch wir müssen auch wirklich „brav sein“, endlich, unsere Erde achten und ehren und sie nicht mutwillig zerstören. Einverstanden? „Genau so.“ Ja, der Nikolaus ermahnt uns liebevoll mit erhobenem Zeigefinger. So sind die Zwerge.

© Ina Martina Klein, Dez. 08

Keine Kommentare: