Samstag, 13. Dezember 2008

Plädoyer für die Leidenschaft

Plädoyer für die Leidenschaft
Dieses Wort „Leidenschaft“ hat es in sich. Etwas, das Leiden schafft, nein, das will ich natürlich nicht. Und doch gibt es in diesem Zusammenhang etwas, das mein Leben mit größerer Lebensfreude erfüllt und mit mehr Sinnhaftigkeit, und das ist eben die so genannte „Leidenschaft“.

Warum gibt es eigentlich in unserer Sprache kein positiv besetztes Wort für diesen Inhalt? Benutze ich das lateinische „Passion“, denke ich ebenfalls an das Leiden, vor allem an die Leiden Christi. Und doch spüre ich, dass es etwas ganz Bedeutendes auf sich hat mit der „Leidenschaft“. Hier ruht ein Schatz, den es sich zu heben lohnt. Mit „Leidenschaft“ möchte ich eine innere Kraft, eine Qualität des Erlebens und Seins bezeichnen, die zum Ausdruck kommt als gelebte Freude, als Engagement, als Enthusiasmus. Wenn ich mit Leib und Seele bei einer Sache bin, sie mit ganzem Herzen tue, bin ich leidenschaftlich.

Keine Angst mehr vor der Leidenschaft, vor diesem Wort. Oder ich könnte einfach ein anderes Wort benutzen, wie z.B. „Freudenschaft“. Das erinnert vielleicht ein bisschen an „Freudenhaus“. Dort wird möglicherweise tatsächlich oft eher die „Leidenschaft“ gelebt, als die „Freudenschaft“, um die es mir hier geht.

Erfahren habe ich, dass mir alles Tun viel mehr Freude macht, wenn ich mit Engagement und ganzem Herzen dabei bin. Natürlich gibt es manches, was mir wenig oder gar keinen Spaß macht, z.B. die Steuererklärung zu verfassen oder das Klo zu putzen. Es gibt aber Menschen, die gern und mit Freude das tun, was ich nicht so mag. Vielleicht können wir uns hier gegenseitig ergänzen und austauschen? Das tun wir ja schon in vielen Fällen. „Ich kann mir aber keine Putzhilfe leisten“, höre ich. Ok. Mittlerweile gibt es schon vielerorts diese Tauschringe, wo einer die Arbeit, die er nicht tun kann oder mag, an jemand anderen abgibt und dafür etwas für jenen tut, was dieser wiederum nicht leisten kann oder möchte. Hierzu ist es allerdings erforderlich, dass wir uns aus unserem Schneckenhaus heraus bewegen und in Kontakt miteinander treten. Und vorher muss ich mir auch noch darüber klar werden, welche Tätigkeiten ich mag und kann, und welche mir nicht so liegen. Wie ein Roboter erledige ich ja manchmal Dinge, ohne mir Gedanken zu machen, ob sie überhaupt, oder auf diese Weise erforderlich sind. Es gibt Erwachsene, die haben nicht mal ein Bügelbrett, und ich verbringe Stunden dahinter! Dabei kenne ich eine Frau, die leidenschaftlich gern bügelt. Vielleicht frag ich sie ja mal?

Eine andere Möglichkeit ist, langweilige Dinge nach einem neuen Rezept (neues Kochbuch), mit einem neuen Verfahren (mal Dampfgaren), einem neuen Hilfsmittel (besserer Fensterwischer) oder unter Einsatz der Fantasie neu zu gestalten.

Und es gibt die Leidenschaft. Jede Handlung, die ich mit neuer Liebe und bewusster Hingabe ausführe, gewinnt für mich an Wert. Und wenn ich mit Freude und Engagement sauber mache, z.B., wenn ich mit Leib und Seele dabei bin, wenn es mir gelingt, mit Leidenschaft darin aufzugehen, dann empfinde ich Freude, Freude über die Aufgabe, Freude am Tun und Freude am Ergebnis. Das ist „Freudenschaft“, das ist Liebe.

Ich lasse mir nicht länger weismachen, dass „Leidenschaft“ schlecht oder gefährlich ist, denn ich weiß, dass ich mir durch ein leidenschaftliches Leben Freude, Erfüllung und Befriedigung erschaffe, und Leiden, Stress, schlechte Laune vermindere. Wenn ich mehr und mehr Dinge in meinem Leben mit „Freudenschaft“, mit Hingabe und Freude tue, erfahre ich mehr Erfüllung, d.h. ich empfinde mein Leben als schöner und leichter. Und wenn ich noch bewusster werde, noch mehr in mich hinein schaue, dann können sich für mich noch ganz neue Dimensionen meiner „Leidenschaft“, bzw. „Freudenschaft“ auftun.

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