Mittwoch, 27. August 2008

Einswerdung

Liebesreigen, Freudentanz, Himmelspiel. Anmutig, voll Freude und Würde, ausgelassen und doch elegant, bewegen sich die Tänzer, immer weiter hinauf. In Serpentinen windet sich der Zug der Tanzenden bergauf, um dieses größte aller Feste zu feiern. Die Paare, die sich hier gefunden haben, genießen den Moment, jeden einzelnen. Sie wissen, oben, am Gipfel, wird die Verschmelzung Realität. Doch ist das nicht einmal so sehr ihr Ziel, denn im Glück sind sie ja schon. Es wird die Folge sein, unausweichlich, erwartet.

Dies ist das größte Fest, mit dem Fest des Lebens, das Fest der Vereinigung der zwei zu eins. Hochgenuss, Seeligkeit, Glücksgenuss, Freudentaumel. Alle Wesen jubilieren, denn dies ist die Vollendung, auch für sie. Sie singen und klatschen, sie jauchzen und tanzen vor Freude, Freude, die keine Grenzen hat. So sind wir alle bereits Teil dieser langen Reihe von Tänzern, von Paaren, die sich den Berg hinauf bewegen.

Komm her, Geliebter, lass uns tanzen und das große Fest der Liebe feiern! Die größte Freude, die Wonne des „Es ist vollbracht“, lass uns genießen. Lass uns einstimmen in den Jubel der vielen, der Schwestern und Brüder. Lass uns einstimmen in die Gesänge der Wesen der Natur: in das Gurgeln und Sprudeln des Wassers, das Zischen und Fauchen des Feuers, das Säuseln und Brausen des Windes, das tönerne Brummen und Schwingen der Erde. Lass uns Einstimmen in das AOUM der Schöpfung, die hier ihrer Vollendung entgegenstrebt, um sich danach erneut zu gebären.

Welche Magie, welcher Zauber liegt in diesem Augenblick. Die Blüten senden Wogen aus Düften, die Vögel singen und jubilieren in höchsten Tönen. Dieses ist das Fest der Feste. Allerhöchste Wonne, größtes Glück der hohen Zeit. Segen bringend für die Erde, für die Menschen, für alles Sein. Die Reife, die Vollendung ist erreicht. Die Ernte wird nun eingebracht. Himmelsläuten, Lobgesänge, wundervolle Herrlichkeit. Schönheit und Erhabenheit erleuchten, Lust und Liebe glühen hell. Damit das Eine nun im großen Liebesrausch sich findet, öffne dich und sei bereit.

Neue Welten wollen sich zeigen, mannigfach und grenzenlos. Neue Farben, neue Klänge, höhere Oktaven. Frei und agil, still und doch sich ständig neu gestaltend, sich wandelnd, Dimensionen überschreitend und erschaffend.

Die Trommeln wirbeln und der Himmel webt farbenprächtige Girlanden. Freude und Vollendung erfüllt die Existenz. Was hart und unüberwindlich schien, das schmilzt dahin. Was trocken und verdorrt erschien, erblüht in neuer Lebenskraft. Wo Überflutung herrschte, fliest ab, was zu viel gewesen war. Im Dunkel dämmert der Morgen. Alle Schöpfung jubiliert.

Hinein ins Leben

Abenteuer Leben: Höchste Freude. Es ist meins, das Leben. Ich probiere es aus, stürze mich einfach hinein, kopfüber.

Langsam dichter, wird ein Körper. Schwere und Trägheit nehmen zu. Doch das Gefängnis bedeutet auch neues Erleben und Empfinden von großer Tiefe. Glücksgefühle ungeahnt, erlebbar nur im Körperkleid.

Die Sehnsucht wächst – wonach? Genieße mein Abenteuer, diese Reise ins Ungewisse. Doch manchmal schleicht sich Müdigkeit ein. Mann, Frau, Baby, Greis, Mineral und Baum – alles schon gewesen, in verschiedenen Kulturen, Gegenden der Erde gelebt. Es ist oft nicht einfach, dazu kommt dann auch Langeweile irgendwann. Nach Hause oder auf zu neuen Ufern, neuen Welten?

Hab andere gefunden, die mit mir gehen, und wir werden aufgeklärt. Nun erst recht: Leben erleben, spüren, auskosten, mich wirklich daran freuen. Das bewusste Sein beginnt, Aktion ersetzt nun Reaktion. Wie schwierig der Perspektivwechsel ist!

Der Tag nähert sich dem Ende zu. Abendstimmung, ein Abschied? Neuanfang, der Altes mit einberuft, wandelt und vergoldet mit dem Leuchten der Wahrheit. Ein neuer Morgen!

Freitag, 15. August 2008

Unter Schmerzen... - Maria Himmelfahrt

Ich hab den Wecker wohl nicht ausgestellt und so weckt er mich, obwohl ich heute ausschlafen dürfte. Und dann schieben sich Erinnerungen ins Bewusstsein, schmerzhafte Erinnerungen.

So weit ich zurückdenke, ist Frau-Sein für mich immer wieder mit Schmerzen verbunden gewesen, waren seelische, aber auch körperliche Schmerzen bis zur Grenze des Erträglichen und darüber hinaus, Bestandteil meiner Erfahrung.

Die Geburt eines Kindes, die unverhofft immer schmerzhafter wird. Ich habe das Gefühl, alles in mir zerreißt und das bestätigt sich später, denn es dauert noch einmal so lange wie die Schwangerschaft, bis ich wieder schmerzfrei bin. Ich hatte mich bei dieser Geburt dann irgendwann aufgegeben, konnte nicht mehr. Wenn es denn eben so sein sollte... Als ich mich verabschiedet hatte, übernahm irgendetwas in mir die Führung, brachte das Kind auf die Welt und mich zurück in die Welt.

Derartige Erfahrungen hatte es auch vorher schon gegeben: Gestorben im Kindsbett. Warum ist das Frau-Sein immer wieder mit so viel Schmerz verbunden? Ein tot geborenes Kind, ein Kind, das stirbt, ein Kind, das viel, viel zu früh wieder geht.
Diese Seelenqualen sind unbeschreiblich.

Auch andere Erfahrungen tauchen im Bewusstsein auf. Misshandlung. Eine Klitorisbeschneidung vor langer Zeit, in einer anderen Existenz. Höllenschmerz. Ich überlebe, aber meine Seele heilt nicht mehr in jenem Leben. Ich begreife nicht, wie sie mir das antun können. Mit welchem Recht werde ich so schwer verletzt. Ich begreife es nicht.

Warum muss Frau immer wieder leiden? Warum diese Schmerzen, immer wieder? Dass auch Männer misshandelt werden, gequält, beschnitten, fällt mir ein. Tränen strömen mir übers Gesicht während ich einige Situationen erneut durchlebe. Begreifen kann ich es nicht. Ich rufe um Hilfe, rufe die Große Göttin an, die heiligen Frauen, mir beizustehen und Klarheit zu bringen.

Tief lasse ich mich hinein sinken in den von Schmerzen geschüttelten Körper. Durch Nachdenken komme ich nicht weiter, drehe mich endlos im Kreis. Von meinem Atem lasse ich mich führen. Eine höhere Perspektive einnehmen. Ich beginne, die Gedanken und die Gefühle bewusst immer mehr loszulassen und lasse mich von meinem Atem tiefer in mich hinein führen, und gleichzeitig über mich hinaus: Das Wort „Erfahrung“ taucht auf. Erfahrung.

Ich stehe nun auf einem hohen Berg und blicke unendlich weit über das Land tief unter mir. Meinen physischen Körper trage ich auf meinen Händen und betrachte ihn. Wie sehr ich ihn liebe, diesen Körper! Was für ein Wunderwerk er ist. Durch den Körper ist all das hier erfahrbar in solcher Intensität. Der Schmerz war oft überwältigend, freud- und lustvolle Gefühle gab es aber auch immer wieder. Das ganze Spektrum hab ich über dich gespürt, am eigenen Leib erfahren. Ich liebe dich so sehr. Ich liebe diese Erde. Mein Körper ist diese Erde. Lange, lange stehe ich hier, von Dankbarkeit bewegt und erfüllt.

Was mache ich jetzt mit dir, mein Körper, den ich hier in Händen halte? Dich der Erde zurückgeben? Nein, die Erfahrungsspeicher der Erde sind so voll von Leid. Was tue ich also? Immer noch betrachte ich voller Liebe meinen Körper. Ich lasse meine Aufmerksamkeit hinein gleiten und mache sie an einer der vielen, vielen Zellen fest. Durch die Berührung meines Atems leuchtet der glimmende Funke in der Zelle auf, und wie eine Explosion wird die ganze Zelle zu einem kleinen goldenen Licht. Das setzt sich als Kettenreaktion im Körper fort. Ein Feuerwerk von Myriaden kleiner goldener Lichter entfaltet sich. Doch diese Lichter verglühen nicht, sie leuchten auf ewig fort.

Es ist Maria Himmelfahrt an diesem Tag heute.



Ich wünsche mir, dass ich meinen Körper wieder als mein Kind annehmen kann, das er ist. Ich wünsche mir, dass ich ihn liebe ohne Wenn und Aber, seine Bedürfnisse respektiere und erfülle, anstatt ihn zu gängeln und zu manipulieren auf vielerlei Art. Mit wachsender Liebe und Bewusstheit werden wir Frauen wieder entscheiden können, ob und wann wir ein Kind empfangen wollen, ohne dazu Substanzen oder Hilfsmittel zu benötigen. Vom Gebot – oder dem Fluch – „Unter Schmerzen sollst du...“ werden wir uns befreien, da bin ich ganz sicher.