Ich hab versucht, dich zu ignorieren, dich wegzuschieben und
einfach woanders hin zu schauen. Meinen Partner wollte ich nicht mehr sehen;
immer mehr hat manches mich gestört, ist mir zunehmend auf die Nerven gegangen.
Was das war? Die Disziplin bis hin zur Freudlosigkeit, die Zielgerichtetheit,
die Ausdauer, die Kühle bis hin zur Herzlosigkeit, das rücksichtslose Vorgeben
des Tempos, die Bestimmtheit, die Ichbezogenheit, die Härte, das schier
grenzenlose Wissen… Mein Partner hat mich gnadenlos provoziert, indem er mir
all das immer wieder auf dem Silbertablett präsentiert hat. „Hier, schau mal!“ Grrrr…. Nein, nein, du bist so anders als
ich. Wie kann man nur Mann sein!!!
Andererseits, manches an deinem Männlichsein hat mir sehr gefallen
und mich angezogen, deine Kraft, die Stärke, der Ruhepol, der du für mich warst,
das Gefühl der Sicherheit, das du mir vermittelt hast, wenn ich in deinem Arm
liegen durfte.
Aber da war kein Gleichgewicht; das Unwohlsein überwog immer
mehr und ich hatte eine größere Distanz zwischen uns gebracht. Dann fuhr ich zu
diesem wundervollen Seminar zu Ava Minatti. Mitfahrgelegenheit: super! Ich bin
sehr froh darüber, denn nach 7 Tagen intensiven Arbeitens fühle ich mich zu ausgelaugt
und erschöpft, um überhaupt eine zweistündige Autofahrt unternehmen zu wollen. Und neben wem sitze ich im Auto? Neben einem
Mann, der genau das verkörpert, wovor ich gerade davonlaufe. Es ist wirklich verblüffend,
vom Beruf bis zu den Hobbies stimmt sehr vieles überein bei den beiden. Ich
schmunzle. Na gut… Das wird schon seinen Sinn haben, wundere ich mich.
Neben einem großartigen Seminar läuft dann in mir meine
persönliche Konfrontation mit dem Männlichen ab, wie ich es wiederum wahrnehmen
und beobachten darf. Zunehmend arbeitet
das an mir, um sich bei der Rückfahrt zu steigern bis hin zu dem Gefühl, „Puh,
das mach ich nächstes Mal nicht mehr mit. Ich werde künftig selbst fahren.“
Nach einigem Abstand Gewinnen und Ruhe Finden und dem
Integrieren von dem, was ich während des Seminars erlebt und gelernt und
wiederentdeckt habe, schiebt sich heute dieses Thema wieder in mein Bewusstsein.
Ich sage eine Verabredung ab, um mit mir allein zu sein, denn da ist eine große
Dringlichkeit. Ich spüre auf einmal eine unendliche Sehnsucht nach dieser
männlichen Energie – und: Ich kann diese Energie wahrnehmen, spüren, gleich
hier, bei mir. Mir wird bewusst, dass e r
hier ist. Ein Anteil von mir, der all
das i s t, was ich so vehement abgelehnt habe und der gleichzeitig das ist,
was mir so gefallen hat am Mann. Nein, es war nicht im Gleichgewicht, vor allem nicht i n mir. Deshalb musste mir das im Außen begegnen,
bis ich es begreifen konnte.
Jetzt ist er mir näher gerückt, dieser ungeliebte Anteil von
mir selbst. Ja, ich lade dich ein, lade dich ein in mein Herz. Ich liebe dich
und das hab ich jetzt verstanden. Es ist gut. Ich verstehe viele deiner Nöte, deine
Kälte, dass dich vieles überfordert, hab selbst jahrelang „meinen Mann stehen“ müssen als
alleinerziehende Mutter in dieser Welt, in der wir leben. Hab Männer
beobachtet, wie sie kämpfen, ohne Rücksicht auf sich selbst zu nehmen, um Ziele zu erreichen,
die scheinbar erreicht werden müssen. Es ist eine lange Geschichte, die sich
über viele Generationen hinzieht. Ich nehme dich, mein männliches Sein, jetzt
sanft in meine Arme. Ruhe dich aus. Es ist gut.
Ich brauche deine Stärke, manchmal deine Unnachgiebigkeit,
deine Disziplin. Ich möchte mich anlehnen können bei dir. Ich brauche deine Klarheit und deine Besonnenheit, um meine überbordenden Emotionen ins Gleichgewicht zu bringen. Dir kann ich Freude
und Leichtigkeit und Weichheit schenken.
Lass uns füreinander da sein, lass uns ineinander fließend leben, lass uns handeln
und fühlen, je nachdem, wie die Situation es erfordert.
Wir sind ein Team. Ich liebe dich. Ich liebe dich in mir. Danke, dass es dich in mir gibt. Und danke, dass es euch Männer da draußen gibt. :)
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