Mittwoch, 28. April 2010

Paradiesgarten

Mein Leben ist mein Paradies. Es ist vergleichbar mit einem riesigen Garten. Diesen Garten habe ich angelegt, ich hege und pflege ihn und erweitere ihn ständig. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind sogar viel größer, als ich es mir oft vorstellen kann. Natürlich kann ich nur das anlegen, nur die Pflanzen säen und einsetzen, die mir bekannt sind. Die Grenzen meines Bewusst-Seins stellen die Grenzen meines Gartengestaltungs-Repertoires dar. Erweitern kann ich beides, wenn ich Forschungen auf diesen Gebieten anstelle, habe ich doch schon Landschaften bereist, Pflanzen gekannt und vieles erlebt, woran ich mich nicht erinnere.

Mein Paradiesgarten ist viel, viel größer, als ich dachte. Eigentlich ist er so groß wie die ganze Erde, oder sogar noch größer, so dämmert es mir langsam, während ich heute darin herumwandere. In meinem Paradiesgarten gibt es dunkle Ecken, es gibt verlassene, unwirtliche und feindselige Gegenden. Es gibt tiefe Abgründe und gefährliche Schluchten. Wie bitte, das soll das Paradies sein? Warum ich das mein Paradies nenne? Mein Paradies ist genauso, wie ich es will. Alles, was es hier gibt, habe ich zu irgendeinem Zeitpunkt, an irgendeinem Ort erschaffen. Es ist das, was ich gestern wollte, was ich jetzt will und, wenn ich mich weiter hinaus wage, auch das, was mir für morgen vorschwebt. Was ich hier vorfinde, ist mein Wünschen und Wollen und spiegelt die Erfahrungen wieder, die ich für mich kreiert habe und durch die ich gegangen bin. Das umfasst keineswegs nur das Schöne und Gute, sondern ein sehr breites Spektrum an Erlebbarem. Auch die Abgründe und Schluchten gehören dazu und all die verhagelten Ernten. Deshalb ist es mein Paradies, deshalb ist mein Leben mein Paradies: Ich habe es gestaltet.

Vielerlei Landschaften befinden sich also in meinem Paradies. Manches ist auch dabei, was mich heute recht exotisch oder fremd und aus fernen Welten stammend anmutet. Ich erkunde alles, denn all dies war einmal meins. Jedes Pflänzchen habe ich gesetzt, jeden Landschaftszug entworfen. Dieser Berg musste sich genau an diesem Ort befinden, diesen reißenden Fluss wollte ich genau hier haben und jenes sanft plätschernde Bächlein dort drüben. Jede einzelne dieser unzählbaren Erfahrungen wollte ich machen.

Ich habe in den letzten Jahren einige Expeditionen in die entlegeneren Regionen meines Paradieses unternommen. Jetzt genieße ich Wanderungen und Spaziergänge in meiner Welt und folge gerne einem mittleren Pfad, mit einigen Abstechern hierhin und dorthin. Meine Welt, mein Paradies, ist nicht allein meins, so habe ich festgestellt. Viele andere erleben mit mir gemeinsam, was sie erleben wollen. Zwar hat sich jeder sein eigenes Paradies gestaltet, aber es gibt vielerlei Überschneidungen und unsere Welten durchdringen sich gegenseitig, denn alleine ließe sich nur ein Bruchteil dessen erfahren, was wir uns wünschen.

Auf meinem Weg durch mein Paradies kann ich jetzt sogar wirklich Neuland betreten. Manche Gegenden sind mir so lieb und vertraut, dass ich immer wieder dorthin zurückkehre, dass es mich dorthin zurückzieht, selbst wenn es woanders schönere Orte und angenehmere Erfahrungen für mich gibt. Wenn ich mir nun möglichst viele der gemachten Erfahrungen und der besuchten Orte bewusst gemacht, sie in mir wahrgenommen habe, wenn ich sie nun nicht länger bewerte und ich sie dadurch in mich aufgesogen habe, ist all das in mir eins geworden. Dann habe ich vieles erlöst, was mich gebunden hat.

Unbewusste Anteile hatten mich in vielerlei Hinsicht regiert, weil ich häufig automatisch und wie vorprogrammiert reagiert hatte. Ich habe mich durch Bewusstmachen und liebesvolles Annehmen von vielem befreit und kann mich nun ausdehnen über das hinaus, was mich meine alten Erfahrungen gelehrt hatten.

Nun kann ich tatsächlich einen neuen Weg unter meinen Füßen erschaffen, der sich Schritt für Schritt vor mir entfaltet.

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