Freitag, 21. November 2008

Zwei Träume „unter dem Eis“ 2. Das Böse unter dem Eis

Ich unternehme einen Spaziergang. Es ist Winter und ich gehe auf dem Eis eines gefrorenen Sees herum. Nun sehe ich dort vorne ein Loch im Eis und eine Hand reckt sich da heraus. Ist da jemand dabei, zu ertrinken? Ich laufe schnell zu der Stelle, lege mich flach auf das Eis. Die Hand, die gerade wieder hoch gekommen ist, ergreife ich. Ich ziehe daran und plötzlich spricht die Hand zu mir.

„Jetzt hab ich dich endlich! Ich wusste, du würdest mir nicht entkommen, ha! Nun ziehe ich dich herab und du wirst mit mir untergehen.“

Nein. Nein, das werde ich nicht tun. Ich werde mich nicht dem Bösen ergeben. Die Hand umklammert meine. Ich kann mich nicht lösen. Die Hand sagt nun höhnisch: „Hack dir doch einfach die Hand ab, dann bist du frei.“

Nein. Nein, das werde ich nicht tun. Ich will gesund und unversehrt und komplett aus dieser Geschichte hier heraus kommen. Mit aller Kraft ziehe ich an der Hand. Auf einmal kann ich den Widerstand überwinden und das, woran ich gezogen habe, liegt vor mir auf dem Eis. Es ist ein widerliches, ekelhaftes, hässliches, böses Ding. Die Hand ist überdimensional groß für dieses kleine Etwas, ein bisschen wie bei den Winkerkrabben sieht das aus, die eine einzelne Riesenschere haben und einen kleinen Körper. So imposant ist das Ding jetzt nicht mehr. Es sitzt da und fixiert mich. Es wird jetzt bei mir bleiben, lässt es mich telepathisch wissen, für alle Ewigkeit.

Nein, auch das will ich nicht. Wie kann ich es loswerden? Mir kommt die Idee, ich könnte ihm meinen Atem schicken, mich ganz in mir zentrieren und aus dem Mittelpunkt meines Seins und meiner Liebe heraus, diesem Ding meinen Atem schicken. Das tue ich also. Es vergehen Ewigkeiten. Da bemerke ich endlich eine Veränderung. Das Ding scheint zu vertrocknen in meiner Atemluft, es schrumpft und schrumpelt.

Vielleicht kann ich es jetzt verbrennen, so trocken, wie es ist? Ich entzünde ein Feuer und werfe es hinein. Beim Auflodern der Flammen sehe ich, wie dieses Ding, seine Idee, sozusagen, herausflattert aus dem Feuer und sich wieder neben mir niederlässt. Es hat seine Form verändert, ist aber noch genauso präsent. Hat nicht geklappt. Ich mache also das mit dem Atem weiter. Aus meinem Zentrum heraus atme ich auf das Ding. Mittlerweile bin ich müde geworden und schläfrig. „Wir machen morgen früh weiter. Ich schlafe jetzt. Beweg dich nicht von der Stelle!“ sag ich zu dem Ding.

Am nächsten Morgen (im Traum) erwache ich früh und das Ding ist tatsächlich noch da. Ich bin ganz sicher, dass das nicht so bleiben muss, und, da mir nichts anderes einfällt, mache ich weiter mit dem Atmen. Das Ding hat sich optisch wieder verändert und hat nun die Form eines Gefäßes angenommen. Ganz bewusst zentriere ich mich, gehe in den Kern meines Wesens, der reine Liebe ist, und atme von hier aus zu dem Ding hin. Ich bin ein wenig überrascht: Es nimmt meinen Atem auf. Wieder vergehen Ewigkeiten.

Plötzlich, ich schaue genau hin, beginnt das Ding zu weinen. Tränen kullern herab. Und dann irgendwann, ja, tatsächlich, beginnt es, zu schmelzen. Ganz langsam löst es sich auf in seinen eigenen Tränen. Das Ding wird immer kleiner. Am Ende ist da nur noch ein kleines Tränen-Pfützchen und diese verdunstet sehr schnell. Das war’s. Das schreckliche, widerwärtige, abgrundtief böse Ding war Angst und Schmerz und meine Liebe hat es erlöst. Das ist ja ein bisschen wie im Märchen! Oder vielleicht sind die Märchen wie unser Leben?

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