Samstag, 11. Juli 2009

Die Botschaft der Krake

Eine Krake hält mich fest in ihrer Umarmung. Mein Empfinden dabei ist heftiger Schmerz und eine abgrundtiefe Traurigkeit. Warum? Die liebe Schamanin, die mich betrachtet und die Krake entdeckt hat, stellt die Frage, ob die Krake eine Bedrohung oder einen Schutz für mich darstellt?

Tatsächlich ist ihre Rolle ambivalent, die Krake ist beides für mich, beantwortet sich für mich diese Frage ganz eindeutig zweideutig. Was heißt das? Ich erkenne, dass die Krake ein symbolischer Wächter ist, den ich selbst geschaffen und in Amt und Würden gesetzt habe. Dieses Wesen verkörpert eine grundlegende Vorstellung, der ich nachhänge, eine Idee, ein gedankliches Konstrukt, das mit bestimmten Gefühlen und Empfindungen verknüpft ist. Die Krake habe ich eingesetzt, um mich vor einer Erkenntnis zu schützen, die ich noch nicht hätte ertragen wollen. Aha, das klingt vielleicht etwas schräg? Jedenfalls ist das die Antwort, die aus mir heraus erklingt. Dem will ich also nachspüren.

Seit vielen Monaten schon mache ich mir Gedanken über meine Liebesbeziehungen. Mein Gefühl ist jetzt, dass hier ein Zusammenhang besteht. Seit längerer Zeit bin ich ohne Partner, verliebe mich aber ab und zu. Die dann empfundene Verliebtheit geht aber weit über das hinaus, was ich als angebracht oder angemessen empfinde. Ich beobachte das zwar gelegentlich auch bei anderen, es fühlt sich aber auch bei ihnen für mich als Beobachterin nicht “richtig” an. Was geschieht in solch einem Fall?

Bei mir handelt es sich um ein ebenso tief empfundenes, wie verborgen gehaltenes Gefühl des eigenen Minderwerts und der Abhängigkeit vom Gegenüber, vom Außen, das wird jetzt immer deutlicher. Meine geheime Vorstellung ist wohl, dass ich besser, wertvoller, nur dann ich selbst bin und mich tatsächlich selbst spüren kann, wenn ich in Verbindung mit einem anderen Menschen gehe. Zu gern verschmelze ich mit dem anderen, denn sonst bestünde - und das wird mir nun klar - die “Gefahr”, dass ich mich selbst wirklich und wahrhaftig entdecke - und wer weiß, was dann geschieht... Ganz sicher ist das eine Vorstellung, die mir Angst macht. Und hierin liegt der Grund dafür, dass ich auf einer Ebene jenseits des Tagesbewusstseins die Krake als Wächter eingesetzt habe, um mich vor einer Erkenntnis zu schützen, die mich nicht vorschnell ereilen soll, denn sie ist gewaltig und verändert mein Leben.

Also habe ich mich gern im anderen verloren, mich verschenkt, aber nicht aus dem Gefühl heraus, so viel zu sein und davon überzufließen, sondern aus Angst und als Ablenkung von meiner als mangelhaft empfundenen Vollkommenheit. Ich habe mich selbst damit getäuscht; die Männer jedoch haben in letzter Zeit öfter Lunte gerochen, manchmal unbewusst. Im Alltag war ich übrigens selbständig und unabhängig, und hab zum Ausgleich vorwiegend meine männlichen, aktiven, auch dominanten Aspekte gelebt. Die Krake hat mich im Geheimen schützend vor neuer Erkenntnis gefangen gehalten, in der Vorstellung, dass ich in mir nicht heil, nicht ganz, nicht vollkommen bin, und dass ich das Gegenüber brauche, welches meine Ergänzung sei, damit ich sicher, glücklich und erfüllt sein kann. Eine alte, alte Geschichte ist das, und es ist die Geschichte vieler Frauen und auch Männer.

Nun bin ich bereit, meine eigene Vollkommenheit wahrzunehmen, die Schatzkammer meines Innersten aufzuschließen und mein Paradies zu betreten. Vorher jedoch feiere ich eine Party mit der Riesenkrake - und wir werden es so richtig krachen lassen! Die große Traurigkeit, die ich in der Umarmung der Krake empfunden hatte, so wird mir jetzt auch klar, war nicht etwa begründet in meiner derzeitigen Situation als Alleinstehende, sondern es war die abgrundtiefe Traurigkeit meiner Seele darüber, dass ich ihr nicht zuhöre und sie immer noch nicht voll integriere und lebe.

Keine Kommentare: